Im März 2020 wird Flicka, eine 8-jährige Freiberger-Stute zu uns gebracht. Sie kommt aus Nordrhein Westfalen und ist die Mutter von unserem Fohlen Lilly.
Unser Training soll beginnen wie wir es immer machen: Zuerst Arbeiten im Roundpen. Dabei müssen wir feststellen, dass die Stute nicht so recht mitarbeiten will. Flicka ist unwillig, wechselt ohne Kommando die Richtung, wird panisch, wenn sich etwas über oder hinter ihrem Rücken bewegt. Die obligatorische Fahrpeitsche dürfen wir nicht mal in die Hand nehmen sonst verdreht Flicka die Augen und geht hektisch rückwärts.
Meine Frau Daniela und ich, Tobias, gehen davon aus, dass die Stute schlechte Erfahrungen gemacht hat. Man hatte uns mitgeteilt, dass sie schon einmal eine Fahrausbildung bei einem „Profi“ in Warendorf absolviert hatte bei der aber einiges schief gelaufen war, so dass sie nicht angespannt werden konnte. Das Ganze liegt 4 Jahre zurück.
Was auch immer dort mit dem Pferd geschehen war, wir beschließen nochmal bei Null anzufangen. Vor allem arbeiten wir an der Bewältigung ihres Traumas bezüglich Fahrpeitsche. Tag für Tag läuft Flicka im Roundpen ihre Runden bis sie endlich am 14. Trainingstag ihre Angst überwindet und das Angebot zur Zusammenarbeit mit uns annimmt. Bis zu diesem Tag sind die Übungen mit Geschirr auflegen und vom Boden fahren eher ein Lottospiel. Man weiß nie, ob sie sich nicht gleich wieder panisch umdreht und rückwärts läuft.
Aber von nun an ist sie wie ausgewechselt. Es braucht nur kleine Impulse und sie bewegt sich im Roundpen in der gewünschten Richtung. Wir können sie einspännig vom Boden aus fahren und sogar eine Schleppe anhängen. Außerdem lässt sie sich, anfänglich noch unter starker Spannung stehend, ganz vorsichtig mit der Fahrpeitsche am Körper berühren. Einen Tag später lässt sie sich das sogar gefallen ohne am Strick gehalten zu werden. Sie beginnt zu begreifen, dass ihr hier niemand etwas Böses zufügt. Schließlich ist eine Fahrpeitsche nur der verlängerte Arm des Kutschers zur Hilfengebung.
Nun ist es Zeit, unseren Lehrmeister Amigo zu holen. Weiter geht es zweispännig vom Boden aus, wohlgemerkt immernoch im geschützten Raum des Roundpens. Nach einigen Versuchen und Übungen versteht die Stute, was wir von ihr wollen. Amigo ist ein guter Lehrmeister, der stets ruhig bleibt und das auf das lernende Pferd überträgt.
Nach einigen Tagen können wir die beiden an den Marathonwagen spannen und zur ersten Zweispännerfahrt starten. Das klappt hervorragend und in den nächste Tagen lernt Flicka das Ziehen sowie Wendungen und Stoppen mit Amigo an ihrer Seite.
Im Einspänner ist Flicka dann natürlich noch etwas unsicher und zieht nicht richtig an, aber das wird von Tag zu Tag besser und sie findet ihren Rythmus vor der Kutsche. Zum Ende der Ausbildungszeit kommt die Besitzerin der Stute dazu, um sich mit ihrem „neuen Pferd“ vertraut zu machen. Auch sie darf erleben, wie sich Harmonie im Roundpen anfühlt und wie ihre einst so unsichere Stute wunderbar im Einspänner läuft. Sie sitzt selbst auf dem Kutschbock und ist begeistert, was in 4 Wochen aus ihrer Flicka geworden ist.
Team Sierig hat es einmal mehr geschafft, Besitzer und Pferd glücklich zu machen! Wie haben wir das erreicht? Mit viel Liebe und Geduld einerseits und freundlicher Bestimmtheit sowie Ausdauer im Training andererseits kommen wir zum Ziel ohne dem Tier ein weiters Trauma zu verpassen – im Gegenteil: Das Trauma ihrer ersten Ausbildung ist überwunden und Flicka hat Vertrauen in „ihre Menschen“ gefunden.
Wir nehmen uns auch für Ihr Pferd die Zeit um es behutsam auszubilden.